Sand, Zelte und ein Pickup
So ein Nachmittag ohne Internet, um dich herum nur Sonne, Sand und Wind, kann ganz schön lang sein. Die Gedanken schweifen dahin, man schaut auf die Uhr, versucht sich an einem Nickerchen. Nach Reden ist uns nicht wirklich. Die Stimmung schwankt zwischen Frust und Hoffen, aber gute Laune und Frohsinn gehen echt anders.
Nach einer Weile halte ich es nicht mehr aus, laufe Richtung Meer, betrachte einen Moment die kommende Flut. In riesigen Wellen wälzt sich der Atlantik auf den Strand zu und ich kehre um. Auf dem Weg zurück sammle ich allerlei angespülten Unrat auf. Die heutige Challenge lautet: "Hilf der Umwelt! Sammle Müll, stelle daraus ein Kunstwerk her und entsorge ihn dann ordentlich."
Die Entsorgung wird uns nicht gelingen. Aber wir haben ein wenig Beschäftigung. Mit alten Tauen und Gräsern legen wir den Umriss von Marokko, aus Flaschen, Dosen, Knochen und Ästen bilden wir ein Motorrad.
Irgendwann sehen wir ein, dass heute wohl niemand mehr zu unserer Rettung eilen wird. Also suchen wir uns ein windgeschütztes, flaches Eckchen und bauen die Zelte auf, machen uns etwas zu essen, stellen den Vorrat von Cola und Jameson fest und irgendwie geht es uns dann tatsächlich gut. Wir sitzen zusammen, haben Holz für ein Lagerfeuer, erzählen uns Geschichten von bisherigen Reisen. Langsam kommt die Dämmerung und....zwei Scheinwerfer tauchen auf dem gegenüberliegenden Hügel auf. Wir schauen uns an und hoffen gemeinsam, dass dies kein Pickup zu unserer Rettung ist. Doch es ist einer!
Zwei gutgelaunte Marokkaner wollen die beiden maladen Motorräder aufladen. Pat, dessen DR ja noch einwandfrei läuft, soll hinterherfahren. Doch bereits nach der Begrüßung und bis wir mit Brocken aus drei Sprachen sowie Händen und Füßen diesen Plan verstanden haben, ist es stockdunkel. Und der ausgewählte Weg, so wurde uns von der Rodeo-Leitung versichert, soll eine völlige Katastrophe sein. Pat lehnt ab. Zurecht, wie sich später zeigt. Außerdem ist die Ladefläche ohnehin zu klein für zwei Motorräder und so wird Tante Elsbeth verladen, mein Zelt abgebaut und ich begebe mich in die Ungewissheit. Diese stellt sich als Rumpelpiste heraus, auf der Yazid sich zweimal verfährt, da hier kein Empfang ist und er kein GPS-Navi hat. ????
Ich versuche, die Katastrophenfahrt mitzufilmen, doch es holpert und rumpelt dermaßen, dass dies zeitweise unmöglich ist. Einen Blick nach hinten wage ich erst gar nicht. Auch dann nicht, wenn Yazid aussteigt, um den Spanngurt zu prüfen! Richtig gelesen! DEN Spanngurt! Es gab nämlich nur einen solchen und dann noch eine Anzahl an nicht gerade vertrauenerweckenden Seilen.
Irgendwie erreichen wir nach zwei Stunden Asphalt. Nach einer weiteren Stunde TanTan. An einer Tankstelle holen wir die neue Kupplung ab und weitere 20 Minuten später erreichen wir in einer lehmgestampften Seitengasse die "Werkstatt". Es ist mittlerweile Mitternacht und auf offener Gasse erhält das Tantchen eine neue Kupplung, während ich bei der Familie des Mechanikers zum Tee eingeladen bin. Und meinem mittlerweile vierten Abendessen dieser Nacht! Dieses war verbunden mit der Einladung zur Übernachtung. Und zur Hochzeit von Najat in zwei Monaten in Casablanca. Sie hat Englisch studiert, arbeitet als Lehrerin und ist wahnsinnig lieb. Doch ich bin ja bereits bei der Familie von Yazid angekündigt und daher muss ich ablehnen.
Nach einer knappen Stunde ist das Tantchen fertig und ich folge auf ihr hinter Yazids Pickup bis zu dessen Familie. Hier lerne ich das echte Leben einer marokkanischen Familie kennen. Doch es ist mittlerweile halb2 nachts, ich möchte nur noch schlafen und trotz des Trubels im Haus, klopfenden Wasserrohren und einer stickigen Schwüle im fensterlosen Zimmer gelingt mir das auch. Bis 6 Uhr. Dann klopfen wieder die Wasserrohre, der Muezzin ruft und ich bin wach.
Gegen 9 Uhr bereiten die Frauen des Hauses das Frühstück und als Gast darf ich mit den Männern zuerst essen. Auf dem Tisch stehen Brot, Dattelm, je ein Schälchen mit Öl, Marmelade und Amlou. Der typischen marokkanischen Erdnusstunke. Und natürlich wird traditionell Tee bereitet. Richtig guter Tee!!!
Nach kurzer Zeit darf auch Fatima bei uns sitzen, da sie die Einzige ist, die mit drei Brocken Englisch und dem Google-Übersetzer wirklich verständlich mit mir kommunizieren kann.
Gegen 10.30 Uhr besorgen Yazid und ich noch Motoröl und gegen Mittag breche ich endlich nach Laayoune auf.
Im Gepäck zwei Einladungen in zwei ganz unterschiedliche marokkanischen Familien, sie auf jeden Fall wieder zu besuchen!