Ostern in Slowenien - Reisebericht Teil 2

First time Slovenia

Mein erster Motorradtag in Slowenien soll einer Route folgen, die ich zuhause vorgeplant habe. Ich habe viel gegoogelt, habe viele Empfehlungen gelesen und auch durch die Foren erhalten. Daraus entstand für mich eine Mischung aus unbefestigten Straßen, die durch den Triglavski narodni park um den Triglav drumherum immer über die Höhenzüge führen bis es kurz vor Kranjska Gora ins Tal und von diesem Ort aus auf den Vrsic gehen soll.

In einem kleinen Ort fällt es mir zunächst schwer, die Einfahrt in diesen Weg zu finden. Schließlich finde ich mich aber auf einer fast wie eine Landstraße breiten Schotterpiste wieder. Sie ist top in Schuss, kein einziges Schlagloch ist vorhanden. Ich genieße die Strecke und werden mit traumhaften Ausblicken auf die Ebene unter mir belohnt. Doch der frühe Zeitpunkt im Jahr macht mir nach ca. sieben Kilometern einen Strich durch die Rechnung. Was ich ab in diesem Moment noch nicht weiß!

Ich folge einer legal zu befahrenden Schotterstraße. Sie führt hinauf in eine Ansiedlung von Berghäusern, die sich auf einer Art Hochebene befinden. Der Weg wird nun doch hier und da matschig. Es ist eben gerade erst April und ich nähere mich der 1000m-Grenze. Dann geht es wieder durch den Wald und plötzlich, als die Wegbreite schon auf alte Golfgröße geschrumpft scheint, steht da doch tatsächlich wie aus heiterem Himmel ein LKW-Verbotsschild. Es zaubert mir ein kleines Schmunzeln in den Helm, das aber nicht lange hält. Ich muss mich konzentrieren. Erstmal habe ich deutlich darauf zu achten, in derjenigen Spur zu bleiben, die bereits frei von Schnee ist. Immerhin eine ca. 30cm breite Spur. Ich bekomme eine erste Ahnung, dass ich die geplante Route nicht werde fahren können. Denn Elsa hat ja Straßenschuhe an. Hätte ich doch die Möhre mit den Stollenschuhen mitnehmen sollen? Diese Frage verschiebe ich auf die Pässe. Dort werde ich die Antwort finden.

Der Weg führt leicht in ein Tal und dann geht es wirklich hinauf. Bis zu der Kurve, in der der Schnee noch 20cm hoch über die gesamte Fahrbreite liegt. Schneekettenspuren gehen hinein, das Ende ist nicht erkennbar, doch es geht eindeutig bergauf. Hier ist für mich Ende! Mit der Möhre wäre ich weitergefahren, mit Elsa wage ich es nicht. Ich möchte sie nicht im Schnee aufheben müssen, ich möchte noch ein paar Tage Motorradgenuss haben und ich muss auch an meinen Rücken denken.

Ich stehe aber an einer Gabelung und mein Navi erzählt mir – so denke ich – dass ich auch den Weg leicht nach rechts nehmen kann. Dass ich dort wieder zurück zu dem Ort komme. Denke ich. Habe dabei aber einen klaren Fehler gemacht: ich habe mir die Route auf diesem Weg nicht bis zum Ende groß genug gezogen. Doch zunächst fahre ich besagten Weg und kämpfe mich sogar an einer Stelle durch ein Schneebrett. Stolz auf mich, dass ich nicht gefallen bin, fahre ich weiter – und lande unweigerlich in einer klaren Sackgasse. Das Navi hat mich einfach nur zu einem offiziellen Wendeplatz geführt und die Straße, auf die ich mich möchte, liegt in nur 100m Entfernung unerreichbar auf der anderen Seite einer steilen Schlucht. Ich muss zurück! Ich muss bergauf durch das Schneebrett in einer Schotterstreckenkurve. Angst! Aber auch Mut! Aufregung und Kribbeln! Zuversicht und allerhöchste Bedenken! Das alles wechselt sich ab, währen dich bergauf in Richtung meiner „Schicksalskurve“ fahre. Ich werde es schaffen. Schaffen müssen!

Fünfmal würge ich Elsa in Schnee und Eis ab. Zwischen aufheulendem Motor, durchdrehenden und sich im Schnee vergrabenden Straßenreifen, die Füße mal mit sicherem Stand und mal nur mit den Zehenspitzen auf dem nassen Eis – sind Elsa und ich irgendwann wieder auf sicherem Schottergrund. Uff! Und wer hätte gedacht,  dass man Schotter mal als dicheren und ungefährlichen Untergrund einstuft?!

Den Rest der Fahrt kann ich genießen, gebe aber die Idee auf, über den Triglav zum Einstieg in den Vrsic zu fahren, genieße ein zweites Mal den herrlichen Ausblick auf das unter mir liegende Tal und nehme dann doch den schnelleren Weg durch das Save-Tal, um auf die Pässe zu gelangen.

Die Pässe

Ich lege noch einen Tankstopp ein und freue mich über die niedrigen Spritpreise und dann geht es los. Der Vrsic wartet.

Das Navi verspricht viel Freude, die Sonne scheint und weit und breit ist kein anderes Fahrzeug zu sehen. Hoffentlich bleibt das bergauf so! Ich weiß nicht mehr, wo die Kopfsteinpflaster-Kurven sind und denke auch kaum noch daran, als die Straße langsam kurviger wird und meine rechte Hand zu spielen beginnt. Schon bei den ersten, vor sich hin schwingenden Straßenabschnitte merke ich, dass es heute läuft. Ein guter Tag. Und dann beginnen die Kehren.

Ein Stück Asphalt, dann wieder Kopfsteinpflaster und rum um die Kehre. Unübersehbare Schilder zählen mit. Wie viele es sind? Ich habe es gelesen, mir aber nicht gemerkt. Die Auffahrt wird für mich zum puren Genuss. Mir fallen die Warnungen bezüglich des Straßenbelags ein, doch heute ist alles trocken und so kann ich die Kehren flott und ohne die Rutschgefahr auf nassem Pflaster nehmen. Herrlich. Manche Kurve ist dabei aber doch eine Herausforderung, da das Pflaster sich gesetzt hat und auch der ein und andere Stein nach dem Winter wohl mal wieder in seine Position zurückgesetzt werden müsse. Doch Elsa nimmt jedes Schlagloch und jeden Stolperstein mit Bravour und nach 28 Kehren sind wir oben angelangt. Hier, so stelle ich fest, ist es leider unspektakulär. Und leer. Letzteres finde ich aber schön.

Leider hat sich eine Wolke gerade gemütlich auf der Bergspitze niedergelassen und auch die Aussicht könnte besser, die Luft klarer sein. Schade, aber dennoch genieße ich einen kurzen Stopp. Just in dem Moment, als ich wieder losfahre, überlegt die Wolke es sich und gibt immerhin die Bergspitze frei. Ich bleibe schnell noch einmal stehen. Wenigstens ein Foto hier oben muss doch sein. Dann geht es bergab.

Die durch Straßenschilder mitgezählten Kehren sind ja vor allem bei den italienischen Tornanti bekannt. Erstmals erlebe ich hier aber, dass bergab weitergezählt wird. Und hier, auf der Südseite des Vrsic, gibt es kein Kopfsteinpflaster mehr. Ein Auto, ein Motorrad. Das ist alles, was mir bergab begegnet. Ein zerfallenes Haus, nicht gerade klein, in einer Kurve. Die Wolken machen gerade der Sonne Platz und ich nutze die Gelegenheit für ein weiteres Foto. Ja, auch ich bin ein Fan der Lost places, doch hier ist alles verriegelt.

Irgendwann erreiche ich das Schild mit der Nr. 50. Die letzte Kehre, der Vrsic liegt hinter, der Predil vor mir. Und ich genieße, in dauerhaftem Faszinationsbeschuss von den grünen Wassern des Soca, die Kurven durch ein wunderschönes Tal in stetig leichtem bergab und schließlich wieder bergaus.

Leider beginnt es langsam zu regnen. Je näher ich Italien komme, desto mehr tröpfelt es. Kurz vor der Einfahrt zum Mangart-Plateau ist die Straße dann richtig nass. Gut, dass der Predil eher kurvig und weniger mit Kehren behaftet ist. Er ist eindeutig nicht so spektakulär wie der Vrsic, aber sehr angenehm und schön zu fahren. Manchmal hat man ja auch genug von den Kehren.

An der Einfahrt zum Mangart steht fast wie eine Leuchtreklame ein großes, digitales Schild mit „Road closed“. Ich schaue nach vorne, hinter mich, seitlich – niemand da, also rein. Langsam fahre ich die ersten Kurven und als die Straße beginnt, sich an den Berg zu schmiegen, weiß ich das Schild zu deuten. Überall liegen noch Brocken, die von den Steilwänden auf der Bergseite über Winter herabgefallen sind. Dann die erste Kurve, in der noch ein Schneebrett liegt. Okay, das habe ich bereits Offroad geübt, das sollte hier ja wohl kein Problem sein. Ist es auch nicht. Doch dann kommen die zweit und die dritte solche Kurve und der Dreck auf der immer enger werdenden Straße nimmt zu, die Steinbrocken werden größer. Ich kapituliere. Sehr schade. Aber ich bin ja quasi noch am Fuße des Mangart und mir ist klar, dass es weiter oben garantiert nicht besser wird. Also drehe ich um und beschließe, dass ich hier nicht zum letzten Mal war und wiederkommen werde. Zum zweiten Mal in diesem Urlaub stelle ich mir die Frage, ob ich mit der Möhre weitergefahren wäre. Zum zweiten Mal ist die Antwort ein klares „Ja!. Aber mit dem Gedanken an den Kurven- und Kehrenspaß auf den Pässen bis hierher weiß ich auch, dass es richtig, hier und diesmal auf Elsa unterwegs zu sein.

Ich fahre den Predil weiter Richtung Italien. Die ehemalige Grenzanlage ist fein säuberlich zugemauert, die Gebäude sind absolut dicht. Schranken und alles, was in irgendeiner Form angeschraubt war, sind weg. Ich kann nicht anders und denke an die Ukraine. Hier, im friedlichen Grenzgebiet zwischen Italien und Slowenien, ist es fast nicht möglich, sich die Katastrophe dort vorzustellen. Ich fahre ein paar Meter weiter und gelange an die alte Festungsanlage des Passes. Ein zerfallenes, altes Gebäude, durch das man aber hindurch gehen und dann einen wunderbaren Blick in die Julischen Alpen auf italienischem Gebiet schauen kann. Wenn nicht gerade Wolken die Sicht verhängen. So wie heute. Es regnet und ich sehe zu, dass ich weiterfahre.

So mancher Reiseführer rät, auf italienischer Seite am Lago del Predil einen Kaffee zu trinken und den Blick auf den See zu genießen. Da ich am Morgen sehr viel Zeit in den Bergen verloren habe und die Rückfahrt zum Campingplatz nicht über „Bundesstraßen“ machen möchte, verzichte ich darauf. Die Fahrt zwischen den Bergen ist und bleibt aber ein Genuss und ich nehme Tempo raus. Ich bin fasziniert von der Umgebung, den Bergen, dem See und einfach allem. Und mittlerweile zeigt sich das Wetter wieder gnädig. Leichter Sonnenschein, wenn auch ein immer wieder böiger und noch kalter Wind sehr deutlich den April erkennen lässt.

Schließlich geht es durch das Valromana, über Podkoren und Kranjska Gora wieder zurück in Richtung Bohinj und bin wieder im Save-Tal. In Mojstrana biege ich ab in die Bergstraßen und fahre über Zgornje Gorje und Bled ignorierend nach Gorjuse. Mittlerweile ist die Sonne wieder da und ich genieße die geschwungenen Straßen in diesem wunderschönen Tal des slowenischen Nationalparks rund um den Triglav. An einem Supermarkt bleibe ich stehen, kaufe schnell ein wenig für das Abendessen und eine Flasche Wein ein.

Zurück am Campingplatz genieße ich zum Abschluss des Tages ein leckeres, frisch gegrilltes Abendessen mit Blick auf diesen wunderschönen See und bin überglücklich, Slowenien als Ziel ausgesucht zu haben. Doch der Wind frischt auf und bevor das letzte Tageslicht verabschiedet, baue ich das Tarp ab und klemme Tisch und Stuhl unter Elliot fest. Die Winde hier sind tückisch und die Markise am Bus meiner „Nachbarn“ hat sich schon verabschiedet. Das möchte ich bitte vermeiden.

Mit der Frage, was mich wohl am nächsten Tag erwarten wird, gehe ich schließlich mit Vorfreude auf neue Erlebnisse ins Bett.


Kommentare:

Selten hat mich ein Text so gefesselt wie deiner. Man erlebt deine Touren förmlich mit. Bin aus Zufall auf deinen Reisebericht gestoßen, da ich mich gerne über Umgebungen und lohnende Ziele informiere. Wir sind zwar nicht mit einem Motorrad unterwegs, sondern mit unserem Wohnmobil (ohne Namen) und Trulla (unser Navi), die uns schon oft auf unbefestigte Straßen geschickt hat... Ein Erlebnis war es immer. Ich werde dir mal folgen und freue mich auch deine weiteren Berichte. Liebe Grüße und allzeit gute Fahrt! Karin

Karin Landl
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Lieben Dank!
Es freut mich sehr, dass es dir gefällt. Und der CP ist auch für WoMos empfehlenswert!

Antworten

Liebe Eva, vielen Dank für Deinen wunderschönen Reisebericht, der mich wie Flügel sanft berührt und in höhere Sphären geleitet.
Weiterhin gute Fahrt und viel Spaß.
Frohe Ostern und liebe Grüße
Sabine *love*

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Toller Blog, 'bin gespannt welche Geschichte(n) du schreibst...
Liebe Grüße
Werner

Werner Krauskopf
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Sehr schön.... die Bilder, die Texte, die Emotionen die rüber kommen. Ich wünschte, ich hätte auch so ein Talent.

Koll Markus
Antworten

Vielen Dank! :-)

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Ostern in Slowenien - Reisebericht Teil 2

First time Slovenia

Mein erster Motorradtag in Slowenien soll einer Route folgen, die ich zuhause vorgeplant habe. Ich habe viel gegoogelt, habe viele Empfehlungen gelesen und auch durch die Foren erhalten. Daraus entstand für mich eine Mischung aus unbefestigten Straßen, die durch den Triglavski narodni park um den Triglav drumherum immer über die Höhenzüge führen bis es kurz vor Kranjska Gora ins Tal und von diesem Ort aus auf den Vrsic gehen soll.

In einem kleinen Ort fällt es mir zunächst schwer, die Einfahrt in diesen Weg zu finden. Schließlich finde ich mich aber auf einer fast wie eine Landstraße breiten Schotterpiste wieder. Sie ist top in Schuss, kein einziges Schlagloch ist vorhanden. Ich genieße die Strecke und werden mit traumhaften Ausblicken auf die Ebene unter mir belohnt. Doch der frühe Zeitpunkt im Jahr macht mir nach ca. sieben Kilometern einen Strich durch die Rechnung. Was ich ab in diesem Moment noch nicht weiß!

Ich folge einer legal zu befahrenden Schotterstraße. Sie führt hinauf in eine Ansiedlung von Berghäusern, die sich auf einer Art Hochebene befinden. Der Weg wird nun doch hier und da matschig. Es ist eben gerade erst April und ich nähere mich der 1000m-Grenze. Dann geht es wieder durch den Wald und plötzlich, als die Wegbreite schon auf alte Golfgröße geschrumpft scheint, steht da doch tatsächlich wie aus heiterem Himmel ein LKW-Verbotsschild. Es zaubert mir ein kleines Schmunzeln in den Helm, das aber nicht lange hält. Ich muss mich konzentrieren. Erstmal habe ich deutlich darauf zu achten, in derjenigen Spur zu bleiben, die bereits frei von Schnee ist. Immerhin eine ca. 30cm breite Spur. Ich bekomme eine erste Ahnung, dass ich die geplante Route nicht werde fahren können. Denn Elsa hat ja Straßenschuhe an. Hätte ich doch die Möhre mit den Stollenschuhen mitnehmen sollen? Diese Frage verschiebe ich auf die Pässe. Dort werde ich die Antwort finden.

Der Weg führt leicht in ein Tal und dann geht es wirklich hinauf. Bis zu der Kurve, in der der Schnee noch 20cm hoch über die gesamte Fahrbreite liegt. Schneekettenspuren gehen hinein, das Ende ist nicht erkennbar, doch es geht eindeutig bergauf. Hier ist für mich Ende! Mit der Möhre wäre ich weitergefahren, mit Elsa wage ich es nicht. Ich möchte sie nicht im Schnee aufheben müssen, ich möchte noch ein paar Tage Motorradgenuss haben und ich muss auch an meinen Rücken denken.

Ich stehe aber an einer Gabelung und mein Navi erzählt mir – so denke ich – dass ich auch den Weg leicht nach rechts nehmen kann. Dass ich dort wieder zurück zu dem Ort komme. Denke ich. Habe dabei aber einen klaren Fehler gemacht: ich habe mir die Route auf diesem Weg nicht bis zum Ende groß genug gezogen. Doch zunächst fahre ich besagten Weg und kämpfe mich sogar an einer Stelle durch ein Schneebrett. Stolz auf mich, dass ich nicht gefallen bin, fahre ich weiter – und lande unweigerlich in einer klaren Sackgasse. Das Navi hat mich einfach nur zu einem offiziellen Wendeplatz geführt und die Straße, auf die ich mich möchte, liegt in nur 100m Entfernung unerreichbar auf der anderen Seite einer steilen Schlucht. Ich muss zurück! Ich muss bergauf durch das Schneebrett in einer Schotterstreckenkurve. Angst! Aber auch Mut! Aufregung und Kribbeln! Zuversicht und allerhöchste Bedenken! Das alles wechselt sich ab, währen dich bergauf in Richtung meiner „Schicksalskurve“ fahre. Ich werde es schaffen. Schaffen müssen!

Fünfmal würge ich Elsa in Schnee und Eis ab. Zwischen aufheulendem Motor, durchdrehenden und sich im Schnee vergrabenden Straßenreifen, die Füße mal mit sicherem Stand und mal nur mit den Zehenspitzen auf dem nassen Eis – sind Elsa und ich irgendwann wieder auf sicherem Schottergrund. Uff! Und wer hätte gedacht,  dass man Schotter mal als dicheren und ungefährlichen Untergrund einstuft?!

Den Rest der Fahrt kann ich genießen, gebe aber die Idee auf, über den Triglav zum Einstieg in den Vrsic zu fahren, genieße ein zweites Mal den herrlichen Ausblick auf das unter mir liegende Tal und nehme dann doch den schnelleren Weg durch das Save-Tal, um auf die Pässe zu gelangen.

Die Pässe

Ich lege noch einen Tankstopp ein und freue mich über die niedrigen Spritpreise und dann geht es los. Der Vrsic wartet.

Das Navi verspricht viel Freude, die Sonne scheint und weit und breit ist kein anderes Fahrzeug zu sehen. Hoffentlich bleibt das bergauf so! Ich weiß nicht mehr, wo die Kopfsteinpflaster-Kurven sind und denke auch kaum noch daran, als die Straße langsam kurviger wird und meine rechte Hand zu spielen beginnt. Schon bei den ersten, vor sich hin schwingenden Straßenabschnitte merke ich, dass es heute läuft. Ein guter Tag. Und dann beginnen die Kehren.

Ein Stück Asphalt, dann wieder Kopfsteinpflaster und rum um die Kehre. Unübersehbare Schilder zählen mit. Wie viele es sind? Ich habe es gelesen, mir aber nicht gemerkt. Die Auffahrt wird für mich zum puren Genuss. Mir fallen die Warnungen bezüglich des Straßenbelags ein, doch heute ist alles trocken und so kann ich die Kehren flott und ohne die Rutschgefahr auf nassem Pflaster nehmen. Herrlich. Manche Kurve ist dabei aber doch eine Herausforderung, da das Pflaster sich gesetzt hat und auch der ein und andere Stein nach dem Winter wohl mal wieder in seine Position zurückgesetzt werden müsse. Doch Elsa nimmt jedes Schlagloch und jeden Stolperstein mit Bravour und nach 28 Kehren sind wir oben angelangt. Hier, so stelle ich fest, ist es leider unspektakulär. Und leer. Letzteres finde ich aber schön.

Leider hat sich eine Wolke gerade gemütlich auf der Bergspitze niedergelassen und auch die Aussicht könnte besser, die Luft klarer sein. Schade, aber dennoch genieße ich einen kurzen Stopp. Just in dem Moment, als ich wieder losfahre, überlegt die Wolke es sich und gibt immerhin die Bergspitze frei. Ich bleibe schnell noch einmal stehen. Wenigstens ein Foto hier oben muss doch sein. Dann geht es bergab.

Die durch Straßenschilder mitgezählten Kehren sind ja vor allem bei den italienischen Tornanti bekannt. Erstmals erlebe ich hier aber, dass bergab weitergezählt wird. Und hier, auf der Südseite des Vrsic, gibt es kein Kopfsteinpflaster mehr. Ein Auto, ein Motorrad. Das ist alles, was mir bergab begegnet. Ein zerfallenes Haus, nicht gerade klein, in einer Kurve. Die Wolken machen gerade der Sonne Platz und ich nutze die Gelegenheit für ein weiteres Foto. Ja, auch ich bin ein Fan der Lost places, doch hier ist alles verriegelt.

Irgendwann erreiche ich das Schild mit der Nr. 50. Die letzte Kehre, der Vrsic liegt hinter, der Predil vor mir. Und ich genieße, in dauerhaftem Faszinationsbeschuss von den grünen Wassern des Soca, die Kurven durch ein wunderschönes Tal in stetig leichtem bergab und schließlich wieder bergaus.

Leider beginnt es langsam zu regnen. Je näher ich Italien komme, desto mehr tröpfelt es. Kurz vor der Einfahrt zum Mangart-Plateau ist die Straße dann richtig nass. Gut, dass der Predil eher kurvig und weniger mit Kehren behaftet ist. Er ist eindeutig nicht so spektakulär wie der Vrsic, aber sehr angenehm und schön zu fahren. Manchmal hat man ja auch genug von den Kehren.

An der Einfahrt zum Mangart steht fast wie eine Leuchtreklame ein großes, digitales Schild mit „Road closed“. Ich schaue nach vorne, hinter mich, seitlich – niemand da, also rein. Langsam fahre ich die ersten Kurven und als die Straße beginnt, sich an den Berg zu schmiegen, weiß ich das Schild zu deuten. Überall liegen noch Brocken, die von den Steilwänden auf der Bergseite über Winter herabgefallen sind. Dann die erste Kurve, in der noch ein Schneebrett liegt. Okay, das habe ich bereits Offroad geübt, das sollte hier ja wohl kein Problem sein. Ist es auch nicht. Doch dann kommen die zweit und die dritte solche Kurve und der Dreck auf der immer enger werdenden Straße nimmt zu, die Steinbrocken werden größer. Ich kapituliere. Sehr schade. Aber ich bin ja quasi noch am Fuße des Mangart und mir ist klar, dass es weiter oben garantiert nicht besser wird. Also drehe ich um und beschließe, dass ich hier nicht zum letzten Mal war und wiederkommen werde. Zum zweiten Mal in diesem Urlaub stelle ich mir die Frage, ob ich mit der Möhre weitergefahren wäre. Zum zweiten Mal ist die Antwort ein klares „Ja!. Aber mit dem Gedanken an den Kurven- und Kehrenspaß auf den Pässen bis hierher weiß ich auch, dass es richtig, hier und diesmal auf Elsa unterwegs zu sein.

Ich fahre den Predil weiter Richtung Italien. Die ehemalige Grenzanlage ist fein säuberlich zugemauert, die Gebäude sind absolut dicht. Schranken und alles, was in irgendeiner Form angeschraubt war, sind weg. Ich kann nicht anders und denke an die Ukraine. Hier, im friedlichen Grenzgebiet zwischen Italien und Slowenien, ist es fast nicht möglich, sich die Katastrophe dort vorzustellen. Ich fahre ein paar Meter weiter und gelange an die alte Festungsanlage des Passes. Ein zerfallenes, altes Gebäude, durch das man aber hindurch gehen und dann einen wunderbaren Blick in die Julischen Alpen auf italienischem Gebiet schauen kann. Wenn nicht gerade Wolken die Sicht verhängen. So wie heute. Es regnet und ich sehe zu, dass ich weiterfahre.

So mancher Reiseführer rät, auf italienischer Seite am Lago del Predil einen Kaffee zu trinken und den Blick auf den See zu genießen. Da ich am Morgen sehr viel Zeit in den Bergen verloren habe und die Rückfahrt zum Campingplatz nicht über „Bundesstraßen“ machen möchte, verzichte ich darauf. Die Fahrt zwischen den Bergen ist und bleibt aber ein Genuss und ich nehme Tempo raus. Ich bin fasziniert von der Umgebung, den Bergen, dem See und einfach allem. Und mittlerweile zeigt sich das Wetter wieder gnädig. Leichter Sonnenschein, wenn auch ein immer wieder böiger und noch kalter Wind sehr deutlich den April erkennen lässt.

Schließlich geht es durch das Valromana, über Podkoren und Kranjska Gora wieder zurück in Richtung Bohinj und bin wieder im Save-Tal. In Mojstrana biege ich ab in die Bergstraßen und fahre über Zgornje Gorje und Bled ignorierend nach Gorjuse. Mittlerweile ist die Sonne wieder da und ich genieße die geschwungenen Straßen in diesem wunderschönen Tal des slowenischen Nationalparks rund um den Triglav. An einem Supermarkt bleibe ich stehen, kaufe schnell ein wenig für das Abendessen und eine Flasche Wein ein.

Zurück am Campingplatz genieße ich zum Abschluss des Tages ein leckeres, frisch gegrilltes Abendessen mit Blick auf diesen wunderschönen See und bin überglücklich, Slowenien als Ziel ausgesucht zu haben. Doch der Wind frischt auf und bevor das letzte Tageslicht verabschiedet, baue ich das Tarp ab und klemme Tisch und Stuhl unter Elliot fest. Die Winde hier sind tückisch und die Markise am Bus meiner „Nachbarn“ hat sich schon verabschiedet. Das möchte ich bitte vermeiden.

Mit der Frage, was mich wohl am nächsten Tag erwarten wird, gehe ich schließlich mit Vorfreude auf neue Erlebnisse ins Bett.