Neue Wege und alte Erkenntnisse
Mit der Merzouga Sahara ist ein Etappenziel erreicht, das so langsam den Rückweg markiert. Wir bewegen uns jetzt wieder Richtung Norden und die Gedanken wandern langsam auch wieder in Richtung Heimat. Die Tatsache, dass es bald vorbei ist, kehrt langsam in unser Bewusstsein und noch können wir nicht glauben, dass in ein paar Tagen alles vorüber sein soll. Und noch warten so manche Eindrücke auf uns.
Doch Tante Elsbeth macht Probleme...
Während wir so langsam mit noch ein, zwei Stopps Richtung Chefchaouen und damit dem letzten Checkpoint entgegen fahren, entwickelt sich ein Dauerproblem: bei jedem Stopp möchte mein Tantchen angeschoben werden. Die Jungs schieben tapfer an, bis es mir an einer Tankstelle reicht. Alleine käme ich nicht weiter, die Gruppe halte ich dadurch auf. Als an einer Tankstelle kein Benzin zu bekommen ist und mein Tantchen für den Weg zur nächsten Tanke nicht mehr anspringen will, will ich auch nicht mehr. Bzw. will aufgeben. Ich möchte einen Pickup, der uns nach Tanger zu einem 5-Sterne-Hotel bringt und dort den Pauschal-Touri mimen, bis die Fähre geht. Doch die Jungs lassen mich nicht, schauen nach meinem Tantchen, schieben weiter an. Und dann kommt Moritz die Idee: die Überbrückung über zwei Kabel an einem vierpoligen Stecker könnte zu einer falschen Nutzung des Ladestroms führen. Der folgende Test: Licht konsequent auslassen und schauen, ob dann die Batterie geladen wird. Siehe da...Problem gelöst und ich kann weiterfahren! Juhuuuuuu!
So kann ich also doch das Rodeo fortsetzen. Zum Glück! Denn es folgen wunderbare und nachhaltige Eindrücke. Von den berühmten Tälern (Dades und Todra), von beeindruckenden Aussichten, von Affen, von Strecken im Atlasgebirge, die sich wie das Allgäu anfühlen und nicht zuletzt auch die alten Edelsteinminen bei Midelt. Ein Lost Place, der sich über Kilometer zieht und in dem, man kann es kaum fassen, noch immer ein paar Menschen leben. Mitten zwischen baufälligen Baracken, verrosteten Brücken und ohne erkennbare Infrastruktur. Verwundert komme ich an einem kleinen Lädchen vorbei und fahre dann filmend wieder zurück bis zu der alten Holzbrücke, bei der ich beide Hände für den Lenker brauche.
Mal langsamer, mal schneller geht der Weg durch dieses so abwechslungsreiche und faszinierende Land. Dabei wandern meine Gedanken, wie immer, wenn das Ende einer Tour in Sicht kommt. Momente während der ein oder anderen Fahrt gehen mir durch den Kopf, wie auch von der ein oder anderen Unterkunft oder Sehenswürdigkeit. Ich denke an die Riads, an die Schluchten, an die Städte, das nächtliche Leben, die Einöde im Süden, die Wüste, die Nacht in TanTan.
Wie einfach das Leben sein kann, wie hart der Kampf um ein wenig Luxus, der so unwichtig sein kann. Ich bin froh, dass bei uns Tiere einen anderen Stellenwert haben und bewundere die Menschen, die mit so wenig so glücklich ihr Leben gestalten. WIe viel davon kann man mitnehmen? Wie viel davon kann Bestand haben, wenn man wieder im europäischen Luxus angekommen ist?