Les Vosges - ein Traum in Kurven

Jeder Motorradfahrer, der einmal in den Vogesen war, weiß die Straßen, den Asphalt, die Kurven zu schätzen. Manches mal gerät man genau dadurch in Gefahr, die Schönheit der Vogesen, die Natur, die Berge und Seen zu übersehen. Sie nur am Rande wahrzunehmen. 

Meine Reise führt mich nur für einen Tag durch diese wunderschöne Region auf der westlichen Seite des Rheins. Diese Region, die gleichzeitig so zivilisiert und doch so ursprünglich sein kann, wenn man sie nur lässt. Und schwindelerregende Situationen, sind hier nicht ganz unwahrscheinlich.

Mein Weg führt Richtung Süden. Links von mir sind im morgendlichen Dunst schemenhaft die Höhenzüge des Schwarzwalds erkennbar, während ich am Rhein entlang fahre. Doch es dauert nicht lange und im Westen tauchen, zunächst nur als Schatten erkennbar, die Vogesen in mein Blickfeld.

Immer wieder gibt der Wald die Sicht frei in die Ferne, wo man mit jedem Kilometer mehr den Horizont immer schemenhafter wahrnimmt. Ganz weit weg liegt die Grenze zwischen Erde und Himmel im bläulichen Dunst dieses Sommertages. Leider reicht die Kamera an meinem Handy nicht aus, um dies festzuhalten. In meiner Erinnerung lebt der Anblick aber weiter. Und mit diesem nun für mich dritten Besuch der Vogesen sind es nicht mehr nur die für jedes Motorradfahrerherz traumhaften Straßen, an die ich künftig denken werde, wenn jemand die Vogesen erwähnt.

Am Col de Bagenelles halte ich kurz an, um etwas zu trinken. Auf dem Parkplatz ist nicht viel los. Wenige Autos, ein paar Reisemobile, vier oder fünf andere Motorräder. Die Hauptferienzeit ist ja schon vorbei, noch dazu ist Freitag, also noch kein Wochenendbetrieb. Ich bewundere kurz einen alten Mercedes, der mit H-Kennzeichen in der Sonne blinkend auf den Parkplatz kommt. Er ist top in Schuss, seine Insassen allerdings deutlich älter als der Wagen. Während ich mich noch frage, ob das wohl die Erstbesitzer des Autos sind, steigt ein netter älterer Herr aus und kommt direkt auf mich zu: "Hallo, ich scoute gerade mit meiner Frau die nächste Tour mit unserer Motorradgruppe. Ist gar nicht so einfach ohne Navi, nur mit Handy. Wir sind doch jetzt auf der Route de Crêtes, ja?" Ich bin kurz völlig perplex und dann tief beeindruckt. Die beiden sind locker Mitte 70 und mit einer solchen Anfrage, noch dazu so voller Schwung und herzlich geradeaus hätte ich wirklich nicht gerechnet! Kurzerhand vergleichen wir die Handystrecke mit der meines Navis und verabschieden uns dann mit den besten Wünschen für die Weiterfahrt.

Ich bemerke im Losfahren, dass seine Frau in der Zwischenzeit am Ende des Parkplatzes auf dem Picknicktisch den Kaffee ausgepackt hat. Im Spiegel sehe ich den Herrn dorthin gehen und wünsche mir insgeheim, dass er sicherer Motorrad fahren als auf dem Schotterplatz laufen kann, dann bin ich aber um die Kurve und genieße wieder den griffigen Asphalt. Mein Navi schickt mich langsam, aber sicher in Richtung Schweiz und ich folge der Route de Crêtes.

An einem Parkplatz am Straßenrand der D 430, irgendwo im Nirgendwo halte ich an. Links die Straße, rechts eine etwa einen Meter hohe Mauer, dahinter der freie Fall. Der Blick geht weit über ein Tal, hinüber zum nächsten Gebirgskamm. Am Ende des Tals ist der Lac de Kruth-Wildenstein zu sehen. Man erkennt sogar von hier oben, wie wenig Wasser er gerade führt. Ich packe genau hier mein Gaskocherchen aus. Mache mir ein Süppchen und natürlich wird auch die Bialetti eingesetzt. Mit meiner Suppe und meinem Kaffee setze ich mich rittlings auf die Mauer, im Bauch während meines Mittagsimbiss ein gewisses Kribbeln, hängt doch mein rechter Fuß über einem Abgrund, der mehrere hundert Meter in die Tiefe geht.


Kommentare:

Selten hat mich ein Text so gefesselt wie deiner. Man erlebt deine Touren förmlich mit. Bin aus Zufall auf deinen Reisebericht gestoßen, da ich mich gerne über Umgebungen und lohnende Ziele informiere. Wir sind zwar nicht mit einem Motorrad unterwegs, sondern mit unserem Wohnmobil (ohne Namen) und Trulla (unser Navi), die uns schon oft auf unbefestigte Straßen geschickt hat... Ein Erlebnis war es immer. Ich werde dir mal folgen und freue mich auch deine weiteren Berichte. Liebe Grüße und allzeit gute Fahrt! Karin

Karin Landl
Antworten

Lieben Dank!
Es freut mich sehr, dass es dir gefällt. Und der CP ist auch für WoMos empfehlenswert!

Antworten

Liebe Eva, vielen Dank für Deinen wunderschönen Reisebericht, der mich wie Flügel sanft berührt und in höhere Sphären geleitet.
Weiterhin gute Fahrt und viel Spaß.
Frohe Ostern und liebe Grüße
Sabine *love*

Antworten

Toller Blog, 'bin gespannt welche Geschichte(n) du schreibst...
Liebe Grüße
Werner

Werner Krauskopf
Antworten

Sehr schön.... die Bilder, die Texte, die Emotionen die rüber kommen. Ich wünschte, ich hätte auch so ein Talent.

Koll Markus
Antworten

Vielen Dank! :-)

Antworten

Les Vosges - ein Traum in Kurven

Jeder Motorradfahrer, der einmal in den Vogesen war, weiß die Straßen, den Asphalt, die Kurven zu schätzen. Manches mal gerät man genau dadurch in Gefahr, die Schönheit der Vogesen, die Natur, die Berge und Seen zu übersehen. Sie nur am Rande wahrzunehmen. 

Meine Reise führt mich nur für einen Tag durch diese wunderschöne Region auf der westlichen Seite des Rheins. Diese Region, die gleichzeitig so zivilisiert und doch so ursprünglich sein kann, wenn man sie nur lässt. Und schwindelerregende Situationen, sind hier nicht ganz unwahrscheinlich.

Mein Weg führt Richtung Süden. Links von mir sind im morgendlichen Dunst schemenhaft die Höhenzüge des Schwarzwalds erkennbar, während ich am Rhein entlang fahre. Doch es dauert nicht lange und im Westen tauchen, zunächst nur als Schatten erkennbar, die Vogesen in mein Blickfeld.

Immer wieder gibt der Wald die Sicht frei in die Ferne, wo man mit jedem Kilometer mehr den Horizont immer schemenhafter wahrnimmt. Ganz weit weg liegt die Grenze zwischen Erde und Himmel im bläulichen Dunst dieses Sommertages. Leider reicht die Kamera an meinem Handy nicht aus, um dies festzuhalten. In meiner Erinnerung lebt der Anblick aber weiter. Und mit diesem nun für mich dritten Besuch der Vogesen sind es nicht mehr nur die für jedes Motorradfahrerherz traumhaften Straßen, an die ich künftig denken werde, wenn jemand die Vogesen erwähnt.

Am Col de Bagenelles halte ich kurz an, um etwas zu trinken. Auf dem Parkplatz ist nicht viel los. Wenige Autos, ein paar Reisemobile, vier oder fünf andere Motorräder. Die Hauptferienzeit ist ja schon vorbei, noch dazu ist Freitag, also noch kein Wochenendbetrieb. Ich bewundere kurz einen alten Mercedes, der mit H-Kennzeichen in der Sonne blinkend auf den Parkplatz kommt. Er ist top in Schuss, seine Insassen allerdings deutlich älter als der Wagen. Während ich mich noch frage, ob das wohl die Erstbesitzer des Autos sind, steigt ein netter älterer Herr aus und kommt direkt auf mich zu: "Hallo, ich scoute gerade mit meiner Frau die nächste Tour mit unserer Motorradgruppe. Ist gar nicht so einfach ohne Navi, nur mit Handy. Wir sind doch jetzt auf der Route de Crêtes, ja?" Ich bin kurz völlig perplex und dann tief beeindruckt. Die beiden sind locker Mitte 70 und mit einer solchen Anfrage, noch dazu so voller Schwung und herzlich geradeaus hätte ich wirklich nicht gerechnet! Kurzerhand vergleichen wir die Handystrecke mit der meines Navis und verabschieden uns dann mit den besten Wünschen für die Weiterfahrt.

Ich bemerke im Losfahren, dass seine Frau in der Zwischenzeit am Ende des Parkplatzes auf dem Picknicktisch den Kaffee ausgepackt hat. Im Spiegel sehe ich den Herrn dorthin gehen und wünsche mir insgeheim, dass er sicherer Motorrad fahren als auf dem Schotterplatz laufen kann, dann bin ich aber um die Kurve und genieße wieder den griffigen Asphalt. Mein Navi schickt mich langsam, aber sicher in Richtung Schweiz und ich folge der Route de Crêtes.

An einem Parkplatz am Straßenrand der D 430, irgendwo im Nirgendwo halte ich an. Links die Straße, rechts eine etwa einen Meter hohe Mauer, dahinter der freie Fall. Der Blick geht weit über ein Tal, hinüber zum nächsten Gebirgskamm. Am Ende des Tals ist der Lac de Kruth-Wildenstein zu sehen. Man erkennt sogar von hier oben, wie wenig Wasser er gerade führt. Ich packe genau hier mein Gaskocherchen aus. Mache mir ein Süppchen und natürlich wird auch die Bialetti eingesetzt. Mit meiner Suppe und meinem Kaffee setze ich mich rittlings auf die Mauer, im Bauch während meines Mittagsimbiss ein gewisses Kribbeln, hängt doch mein rechter Fuß über einem Abgrund, der mehrere hundert Meter in die Tiefe geht.