Hat unsere Gesellschaft ein Beschwerdeproblem?

An manchen Tagen geschieht es bisweilen, dass wir nur negative Nachrichten erhalten. Mit negativ ist an dieser Stelle gemeint, dass ein Problem damit verbunden ist, dass jemand etwas vermisst, etwas einfordert, etwas beklagt. Oftmals auch etwas beneidet und dann versucht, einem anderen Menschen zu schaden.

Seit Beginn der Pandemie und auch jetzt, da unser Leben doch wieder in annähernd "normaler und wie damals gewohnter" Weise verlaufen kann, stellen viele Menschen in meiner Umgebung - ich selbst gehöre dazu - weiter eine Zunahme von Klagen, Jammern und gegenseitigem Schadenwollen fest.

Wieso das so ist? Wenn wir darauf eine Antwort hätten, könnten wir es wohl leicht abschalten. Doch diesen Schalter haben wir nicht. Was also tun? Welchen Schalter stattdessen betätigen?

Gerade jetzt sitze ich hier und darf mich mit einer Beschwerde befassen, deren Inhalt von einem für mich so gar nicht nachvollziehbaren Verhalten geprägt ist. Eine Beschwerde, bei dessen Ursprung ich mich frage, warum die Menschheit sich selbst mit so etwas belasten muss. Da beschwert sich jemand über das Verhalten einer dienstvorgesetzten Person und führt hierzu Momente auf, die die Beschwerde selbst der Lächerlichkeit überführen. Wieso tut jemand das? Wieso ist es einem Menschen so wichtig, sich über jemand anderen zu beschweren? Dem anderen Schaden zu wollen?

Und so sehr ich möchte, ich kann nicht anders, als mich damit zu beschäftigen. Denn das ist mein Job, meine Aufgabe. Zu der auch gehört, diese beiden Parteien wieder zu einer vernünftigen Zusammenarbeit zu bringen. 

Es beschleicht mich das Gefühl, dass es gar nicht um die Sache geht. Vielmehr stecken sicherlich verletzte Eitelkeiten dahinter, die zurückgezahlt werden wollen. Doch was bringt einen Menschen dazu, sich so sehr von einer sachlichen Zusammenarbeit abbringen zu lassen. Eine zu große Identifikation mit dem eigenen Ich? Oder mit der eigenen Aufgabe? In überschätzter Weise?

Der Mensch neigt leider dazu, sich selbst viel zu wichtig zu nehmen. In jungen Jahren ist dies sicher extrem wichtig, damit man seinen Weg findet. Seine Position in der Gesellschaft und im Leben. Doch irgendwann sollten wir verstehen, dass wir beruflich alle ersetzbar sind. Ich betone: beruflich! Warum also beschäftigt sich dann ein Mensch so sehr mit einer beruflichen Positionierung, die im Grunde völlig unwichtig und absolut nicht sachdienlich ist?

Und je mehr ich versuche, eine Antwort auf alle diese Fragen zu finden, desto mehr Fragen tun sich mir auf. Wahrscheinlich werde ich selbst die Antwort darauf nie finden. Was, so vermute ich, an meiner Einstellung zu meiner Arbeit liegt. Denn ich hatte nicht das Glück, dass ich frühzeitig meine Berufung erkannte und zum Beruf machen konnte. Nun ist also mein Beruf mein Broterwerb. Ein Mittel zum Zweck. Der Teil meines Lebens, der mir die Finanzierung der Dinge ermöglicht, die mich erfüllen. Zu meiner Person gehören. Nicht nur "Sache" sind, sondern eng mit mir, meinem Glück verbunden sind.

Sicher, mein Denken war nicht immer so. Aber eines weiß ich heute: Das Leben ist so viel einfacher, wenn man aufhört, gegen unbesiegbare Windmühlen zu kämpfen. Ich kann es nur jedem empfehlen, es einmal auszuprobieren. Nicht mehr zu kämpfen. Man kann es lernen und ich kann nur sagen, dass es außerordentlich befreit. 

Was dabei helfen kann? Ein kleiner Lesetipp: "Shaolin - Du musst nicht kämpfen, um zu siegen" von Bernhard Moestl.

Aber Achtung! Gelassenheit und innere Ruhe können süchtig machen! Viel Erfolg dafür!